Die bösen weißen Deutschen

Nur eine Woche hat es gedauert, dann waren die Schuldigen der massiven Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht von Köln gefunden: Die deutschen weißen Männer. Oder, um es mit den Worten des Hamburger Grünen-Vize Michael Gwosdz zu sagen: „Alle Männer sind potentielle Vergewaltiger, ich auch.“ Damit reiht er sich ein bei den Relativierern der Nation, die in der Silvesternacht von Köln nicht etwa ein außergewöhnliches Ereignis sehen wollen, sondern nur den Ausdruck der täglichen „Rape Culture“, also der Vergewaltigungs-Kultur, für die ja unser Land anscheinend bekannt ist. Wissen wir doch, wie der deutsche Mann so ist. Diese Spezies, die ihre weißen Frauen gerne selbst belästigt, was der einzige Grund ist, weswegen er nun aufgebracht ist, dass schwarze Männer seine Frauen betatschen. Reiner Revierschutz.

So ungefähr die Argumentation zahlreicher feministischer Nachwuchstalente wie etwa  Margarte Stokowski, bei Spiegel online. Kennt man ja von den weißen deutschen Männern, die können richtig gewalttätig werden, wenn einer ihre Frauen auch nur anschaut. Was guckst du!

UNTERSCHWELLIGER RASSISMUS WIRD GESELLSCHAFTLICH LEGITIMIERT

Mit diesen etwas verqueren Gedanken ist sie nicht alleine, sondern voll auf einer Linie mit vielen Publizistinnen, die in der Empörung rund um die Übergriffe auf Köln und die Benennung der Täter als Männer mit Migrationshintergrund nicht etwa eine bislang nicht dagewesene Form von sexualisierter Gewalt gegen Frauen in Deutschland entdecken, sondern stattdessen den Rassismus der Deutschen. In die gleiche Kerbe schlägt auch die Publizistin Antje Schrupp, wonach das „rassistische Narrativ ’schwarzer Mann vergewaltigt weiße Frau“ volle Kanne durchgeschlagen habe. Der „unterschwellige Rassismus“ drohe jetzt in „gesellschaftlich legitimierten Rassismus umzuschlagen“.

Allerorten werden wahlweise verharmlosende „Antanztricks“ von Taschendieben oder die Vergleiche mit dem Kölner Karneval oder dem Oktoberfest bemüht, wo sich angeblich nichts anderes jährlich abspielt, aber angeblich unterschlagen wird, weil es sich bei den Tätern ja bloß um deutsche weiße Männer handelt. Da hilft es auch nicht, wenn die Münchner Polizei Fakten dagegen hält. Beim letzten Oktoberfest mit seinen über 5 Millionen Besuchern kam es zu 20 Anzeigen wegen sexuellen Übergriffen, das schafften die Täter von Köln in einer halben Stunde mit nur 1.000 Mann. Aber wir wollen die Verblendeten nicht mit Fakten belästigen, schließlich wollen diese die „Rape Culture“  des deutschen Mannes endlich tabulos diskutieren.

DANN MUSS AUCH ALICE SCHWARZER NEUERDINGS BEIM „FEMINISMUS VON RECHTS“ MITMACHEN, DIE SAGT NÄMLICH SEIT JAHREN NICHTS ANDERES.

In der TAZ erweitert die Autorin Hengameh Yaghoobifarah das Schuldigenfeld auf die Frauen. Auch sie sieht eine „plättende Ignoranz“ gegenüber unserer alltäglichen „Vergewaltigungskultur“, die nun durch Rassismus von den falschen Vertreterinnen gebrochen wird. Ex-Familienministerin Schröder hatte ihre Empörung geweckt mit ihrer Aussage, dass man sich um „gewaltverherrlichende Männlichkeitsnormen“ in den Zuwanderungskulturen mal auseinander setzen muss. Damit sei sie

jedoch dem imaginären „Feminismus von rechts“-Club beigetreten, in dem es mit Birgit Kelle, Erika Steinbach und Frauke Petry vermehrt zu unterirdischen Aussagen gegen muslimische Männer und für vermeintliche Frauenrechte kommt. Sobald die Täter eben nicht mehr ihre potenziellen Väter, Ehemänner, Brüder oder Söhne sind, sondern die bösen Männer of Color, ist die Sorge um das Wohl deutscher Frauen sehr groß.

Dann muss auch Alice Schwarzer neuerdings beim „Feminismus von rechts“ mitmachen, die sagt nämlich seit Jahren nichts anderes. Und da die Kollegin in dem Beitrag die Frage stellt:

Hätte Birgit Kelle am Montag nach der Tat einen empörten Kommentar über die Geschehnisse geschrieben, wenn die Täter weiß wären?

bekommt sie auch eine Antwort: Na selbstverständlich hätte ich das getan. Der Unterschied wäre aber gewesen, dass ich nicht nahezu die Einzige gewesen wäre, die sich öffentlich und sofort empört hätte, stattdessen hätte das die gesamte Medienlandschaft  und Sie auch ebenfalls getan. Macht nichts. Beim nächsten Mal wird es sicher besser.

#AUSNAHMSLOS STATT #AUFSCHREI

Damit all die politisch korrekt empörten Mensch_Innen, frei von Rassismusverdacht und unter Verzicht von Fakten nicht weiterhin gezwungen sind, mit so bösen Frauen wie mir unter einem gemeinsamen #aufschrei-Hashtag zu publizieren, hat man sich eine neue Kampagne unter dem Namen #ausnahmslos gegönnt. Dort werden jetzt ausnahmslos alle Männer unter Generalverdacht gestellt und nicht nur Männer mit Migrationshintergrund. Ein enormer Fortschritt für die Menschheit.

Nun dachte ich, der Herausgeber der linken Postille „Freitag“, Jakob Augstein habe sich in dieser Debatte mit seinem Tweet bereits den Spitzenplatz zum Widerling des Jahres 2016 gleich im Januar abgeholt.

Ein paar grapschende Ausländer und schon reisst bei uns der Firnis der Zivilisation

hatte er Gehaltvolles beizutragen. Ja klar, sollen die Mädels sich mal nicht so anstellen, das bisschen Gegrapsche ist doch Kulturgut in Deutschland. Empörung bei den jungen Netzfeministinnen muss er dafür nicht fürchten, mein Gott, ist doch unser Jakob, wir wissen ja, wie der ist.

EIN SYMBOLISCHES GESPRÄCH UNTER MÄNNERN – DEM DEUTSCHEN UND DEM MIGRANTEN OHNE PERSPEKTIVE IN UNSEREM LAND

Doch dann entdeckte ich einen Beitrag im Tagesspiegel, der das noch um Längen schlägt. Umso tragischer ist es, dass es sich bei den Autoren mit Dagmar Dehmer und Andrea Dernbach um zwei Frauen handelt. Demnach hat es sich auf der Kölner Domplatte um ein „symbolisches Gespräch unter Männern“ gehandelt und zwar zwischen dem deutschen und dem Migranten ohne Perspektive in unserem Land. Ja, der arme Kerl, ohne Perspektive auf Handys und Frauen hat er sich beides eben gewaltvoll nehmen müssen, sozusagen aus der Not heraus!

Nun waren die meisten Gespräche während der Taten eher zwischen Migranten und sich wehrenden jungen Frauen, und es bleibt die Frage offen, ob das Titulieren als „Schlampe“ und „Hure“, als auch die Wortfetzen „Ficki-Ficki“ eine echte Konversation darstellen, aber das wissen die beiden Redakteurinnen wohl besser. Nachdem die obligatorische „Urangst des älteren weißen Mannes – die nehmen uns unsere Frauen weg“ abgearbeitet ist, kommen wir zum Höhepunkt. Nicht nur der weiße alte Mann steht unter Generalverdacht, auch die betroffenen Frauen werden in Frage gestellt. Hurra! Der weiße Mann ist nicht mehr alleine der Täter, die weiße Frau kommt hinzu. Zitat:

Womöglich sind aber auch Frauen dabei, die gar nicht Opfer geworden sind, sondern aus politischer Überzeugung der Meinung waren, dass die Täter mit Migrationshintergrund oder die Flüchtlinge, die das Chaos auf der Domplatte für sexuelle Übergriffe ausgenutzt haben, abgeschoben gehören. Das hoffen sie womöglich mit einer Anzeige zu beschleunigen.

– Hier wird offen der durch nichts bewiesene Verdacht gestreut, die jungen Frauen hätten falsche Anzeigen bei der Polizei erstattet, um Migranten in ein schlechtes Licht zu setzen. Alles nur erfunden, die sind gar keine Opfer.

FALSCHANZEIGEN AUS RASSISTISCHEN MOTIVEN

Da beklagt also eine ganze Feministinnenzunft, dass man Frauen nicht glaubt, die sexuelle Belästigungen zur Anzeige bringen und damit so viele Taten ungesühnt blieben, nun unterstellen Journalistinnen ihren Geschlechts-Genossinnen, aus rassistischen Motiven Falschanzeigen gegen Ausländer zu tätigen. Viel tiefer kann die Debatte nicht sinken.

 

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